Dienstag, 25. Juni 2013

Österreich: Minister Klug stellt Pseudo - Reform des Zwangsdienstes vor

Nun ist es endlich soweit. Am Donnerstag wird der Verteidigungsminister die Neuerungen für den Wehrdienst präsentieren. Die Presse stellt die wichtigsten Veränderungen bereits heute vor. Im folgenden werden die "Verbesserungen" kurz besprochen.

1. Mehr Soldaten durch Überarbeitung der Kriterien für die Tauglichkeit
Rund 6000 junge Männer oder 13 bis 14 Prozent eines Jahrgangs sind derzeit untauglich. Das soll sich ändern: Durch Überarbeitung der Tauglichkeitskriterien will man möglichst viele Stellungspflichtige zum Wehrdienst einberufen. Das derzeitige System der Tauglichkeitsfeststellung soll „besser mit den Aufgaben und Anforderungen an Wehrpflichtige verbunden werden". Übersetzt heißt das: Ein Systemerhalter braucht nicht die gleichen körperlichen Voraussetzungen wie ein Kampfsoldat.

Die Verschärfung der Bedingungen soll ein höheres Maß an Wehrgerechtigkeit herstellen. Das birgt immer das Risiko, dass Männer, die körperlich nicht den Anforderungen genügen, höheren gesundheitlichen Risiken ausgesetzt werden, weil sie unter Umständen tauglich gemustert werden obwohl sie es nicht sind. Bezüglich der Musterung bedeutet das, dass Wehrpflichtige in Österreich den Ärztinnen und Ärzten noch wehrloser ausgesetzt sind. Diejenigen, die darauf hoffen ausgemustert zu werden, müssen noch gehorsamer gegenüber jenen sein, die die Entscheidung über Tauglichkeit und Untauglichkeit treffen, um nicht der Laune und Willkür der Ärztin oder des Arztes ausgeliefert zu sein und aus Rache für ein Ungehorsam tauglich gemustert zu werden. Das Gleiche gilt für diejenigen Männer, die unbedingt zum Bundesheer wollen und darum unter allen Umständen "gefallen" müssen um als körperlich fit genug eingestuft zu werden, um etwa Kampfsoldat werden zu "dürfen". Dieser Punkt stellt zwar eine Änderung dar, doch bleibt die Frage was diese Änderung mit einer Verbesserung gemein haben soll. Sie ist vielmehr das Gegenteil. 

2. Präsenzdiener können unter vier Ausbildungsmodulen wählen
Für alle Soldaten gibt es eine militärische Grundausbildung, danach können sie unter vier Modulen wählen: „Schutz und Hilfe" umfasst die Inlandsaufgaben des Bundesheers wie Objektschutz und Katastrophenhilfe. „Cyber Sicherheit" soll die Computerspezialisten unter den Wehrpflichtigen ansprechen: Das Bundesheer will eine Einheit gegen Cyber-Kriminalität aufbauen. „Militärisches Berufspraktikum" ist ein anderer Name für die „Systemerhalter": Köche, Fahrer oder Handwerker sollen gemäß ihren Vorkenntnissen eingesetzt werden und beim Heer Zusatzausbildungen erhalten. Die „Militärische Spezialisierung" schließlich spricht jene an, die an der traditionellen Rolle des Soldaten interessiert sind. Diese Ausbildung ist auch für jene gedacht, die als Kadersoldat beim Bundesheer bleiben wollen und die spätere Auslandseinsätze anstreben.

Was  genau hier neu sein soll bleibt fraglich. Der neue Name für die Systemerhalter, die jetzt "Absolvierende eines militärischen Berufspraktikums" sind? Oder die vage ankündigte "Einheit gegen Cyber - Kriminalität?Dieser Punkt glänzt vor allem durch Etikettenschwindel. Es bleibt alles beim Alten, aber die Namen sollen den Anschein einer Reform erwecken. 

3. Weniger Rekruten sollen als Chauffeure, Wachen und Kellner arbeiten
60 Prozent der Rekruten arbeiten derzeit als sogenannte Systemerhalter. Das heißt: Sie werden nicht militärisch eingesetzt, sondern leisten ihren Dienst in der Küche, als Fahrer oder Kfz-Mechaniker. In Zukunft soll der Anteil allerdings auf maximal 40 Prozent sinken. Und das soll so funktionieren: Soldatenheime und Cafeterien werden zusammengelegt, dadurch braucht es weniger Service-Personal. Und an der Stelle von Grundwehrdienern sollen vermehrt auch Berufssoldaten hinterm Lenkrad sitzen. Soweit das Budget das erlaubt sollen technische Hilfsmittel - also etwa Überwachungskameras - statt Wachen eingesetzt werden. Die Zahl der Grundwehrdiener in den Kanzleien soll gar um 30 Prozent sinken.

20% weniger Systemerhalter also. Es bleibt die Frage, welchen Unterschied es für diejenigen macht, die nicht zum Bundesheer wollen, ob sie einen LKW fahren oder Übungen an der Waffe absolvieren. Beides ist und bleibt, wenn es erzwungen ist, untragbare Schikane. Kellner zu sein, ist für den ein oder anderen vielleicht sogar die bessere Option gewesen und ob nun Berufssoldaten oder Grundwehrdiener hintern Lenkrad sitzen macht wohl keinen großen Unterschied. 

4. Die Miliz soll wieder regelmäßig üben, auch gemeinsam mit Blaulichtorganisationen
Im Jahre 2006 wurden die verpflichtenden Milizübungen für Grundwehrdienern abgeschafft. Dadurch wurde auch das gesamte System der Miliz geschwächt. Dabei bleibt es, die Miliz wird auch weiterhin auf Freiwilligkeit beruhen. Künftig soll aber vermehrt dafür geworben werden, und auch Übungen soll es wieder regelmäßig geben, und zwar mit der „Volltruppe" (also auch mit Berufssoldaten), den Grundwehrdienern und auch mit Blaulichtorganisationen, etwa der Freiwilligen Feuerwehr. Aber auch für Frauen soll die Miliz attraktiver werden. Das bringt uns zu dem nächsten Punkt.

Ist das der erste Schritt zur Wiedereinführung der verpflichtenden Milizübungen? Und welchen Vorteil zieht der einzelne Wehrpflichtige aus einer Werbung für Milizübungen? Richtig, gar keine Vorteile. 

5. Der Frauenenanteil im Heer soll von zwei auf zehn Prozent erhöht werden
Seit 15 Jahren haben auch Frauen die Möglichkeit, als Soldatin Karriere zu machen. Der Anteil weiblicher Uniformierte ist allerdings gering. Die Ausbildung soll in Zukunft in „familienverträglicher" Form ablaufen, auch für Alleinerziehende. Die Dienstzeiten sollen flexibler werden. Auch die körperlichen Leistungskriterien für Frauen sollen angepasst werden.

Nun ja. Es ist ja sehr begrüßenswert, wenn sich jemand darum bemüht die Dienstzeiten flexibler zu gestalten. Aber warum soll das nur für Frauen gelten? Oder gibt es in Zukunft auch flexiblere Dienstzeiten für Wehrpflichtige? Und was genau bedeutet es, dass die körperlichen Leistungskriterien für Frauen angepasst werden sollen? Insgesamt eine sehr merkwürdige Maßnahme. Einerseits erhält man die Wehrpflicht exklusiv nur für Männer und versucht sie mit einer pseudo Reform ruhig zu stellen, aber auf der anderen Seite will man alles tun um den Dienst für Frauen so angenehm wie möglich zumachen. Wie heißt nochmal das Fremdwort für eine derartige Geschlechterpolitik? Ach ja, Gender - Mainstreaming. 

6. Mehr Sportmöglichkeiten, weniger Chargendienste: Goodies für die Grundwehrdiener
Um die Rekruten zu mehr Sport zu motivieren, wird ein „militärisches Sportabzeichen" eingeführt. Auch Heeresleistungssportler sollen mit den Grundwehrdienern üben. Dafür werden die unbeliebten Chargendienste für Rekruten reduziert. Die Unterkünfte sowie Fitnessräume bekommen eine Sanierung, 105 Millionen Euro sind dafür budgetiert. In den Kasernen soll es künftig gratis W-Lan geben. In ihrer Freizeit können Rekruten außerdem eine Sprachausbildung machen. Apropos Freizeit: Die wird mehr, durch Einführung eines „Zeitkontos", als Ausgleich für belastende Übungen.

Gut, eine kleine Verbesserung gibt es dann doch. Weniger Chargendienste  und eine kostenlose Sprachausbildung für Wehrpflichtige. Das kostenlose W-Lan nutzen die Zwangsdiener dann hoffentlich um über die Zustände im Heer zu bloggen und im Internet aktiv gegen die Wehrpflicht mobil zu machen. 
Bleibt also das ernüchternde Fazit: es ändert sich bis auf zwei minimale, kosmetische Verbesserung nichts für die Betroffenen. Die Regierung hat den Auftrag bekommen eine Verbesserung des Zwangsdienstes voranzutreiben. Dieser Aufgabe wird man mit diesem Vorschlag nicht gerecht. Bleibt also nur eine logische Konsequenz: weg mit Zwangsdienst!
Wehrt euch gegen die Wehrpflicht!





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